Die Wohnung

 
Margarete Schütte-Lihotzky bezog ihre Wohnung im 6. Stock des neu gebauten Wohnhauses in der Franzensgasse im Jahr 1970. Hier wohnte sie während ihrer letzten 30 Lebensjahre.   
Ab 1967 plante sie an der Gestaltung der Räume und deren Einrichtung. Die Bereiche für Wohnen, Essen, Arbeiten und Schlafen gehen in den zusammenhängenden Räumen, auf circa 55 m² Wohnfläche, ineinander über. Die vorgelagerte Terrasse bildet dabei einen begrünten Erholungsraum im Freien. Für jeden Raum liegen die von Margarete Schütte-Lihotzky gezeichneten, detaillierten Pläne vor.   
Auch dachte die Architektin an ihre persönliche Altersvorsorge. In der direkt anliegenden Kleinwohnung sollte im Falle des Bedarfs eine Betreuungsperson wohnen. Unterstützt durch Nachbarschaftshilfe konnte Margarete Schütte-Lihotzky bis zu ihren letzten Tagen ihre Wohnung mit Dachgarten genießen. 

Testamentarisch legte Margarete Schütte-Lihotzky fest, dass nach ihrem Tod die Kunsthistorikerin Ulrike Jenni die Wohnung übernehmen sollte. Sie erhielt die Wohnung mit der originalen Konfiguration der Räume. Einige Veränderungen der Ausstattung entsprechend ihren Bedürfnissen nahm sie vor, wie den Einbau eines Bücherschranks im Wohnraum und die neue Ausstattung der Küche. Im Jahr 2020 verstarb Ulrike Jenni leider sehr  unerwartet.
 

Die Wohnung als musealer Ort 

 
Die Unterschutzstellung der Räumlichkeiten durch das Bundesdenkmalamt im April 2021 bot die Grundlage für das Renovierungs- und Nutzungskonzept.
Ziel war die museale Aufbereitung der Wohnung zu ermöglichen sowie einen Ort der Forschung zu schaffen, der allgemein zugänglich ist. Mit Juli 2021 konnte der Margarete Schütte-Lihotzky Club die Wohnung mieten.
Die Wohnung sollte, wie Margarete Schütte-Lihotzky sie nutzte wieder erfahrbar werden.

Durch die Wiederherstellung der Räume und die teilweise Rekonstruktion der Einrichtung, durchgeführt vom Architekturbüro Mobimenti, gelang es die gestalterische Qualität der Wohnung wieder zu zeigen.

Der kirgisische Wandbehang, den die Architektin in der Schlafnische aufgebracht hatte, war noch vorhanden. Er befand sich jedoch in einem so fragilen Zustand, dass vor der Neumontage des Objekts restauratorische Maßnahmen notwendig waren.
Diese Arbeiten übernahm die Textilabteilung von Kunstsammlung und Archiv der Universität für angewandte Kunst Wien als Kooperation mit dem Margarete Schütte-Lihotzky Club.

Gefördert wurden die Renovierungs- und Rekonstruktionsarbeiten vom Bundesdenkmalamt und der Stadt Wien Kultur.

  

Die Renovierung der Räume

 
Als ersten Schritt untersuchte das Restauratorinnenteam Podgorschek & Reinecke sämtliche Wand- und Deckenoberflächen. Eine sehr fein abgestimmte Farbgebung und Qualität der Oberflächen wurde festgestellt. Die warmen Farbtöne, Gelb, Grün, gebrochenes Weiß und Grau, wie die glatten schönen Oberflächen wurden mit einem Material- und Farbberater in einem aufwendigen Prozess wieder hergestellt. 
Die ineinander fließenden Räume hatte die Architektin mit quadratischen, richtungslosen Fußbodenbelägen ausgeführt, welche harmonische Übergänge erlauben. Der Parkettboden im Wohnraum musste neu mit Mosaikparkett belegt werden, in den anderen Räume sind die original Bodenbeläge unverändert vorhanden. 
 

Der Vorraum


Im Vorraum wurde die gelbe abwaschbare Farbe wieder angebracht. Dies lässt ihn freundlich und hell erscheinen. Die dunkelblauen Bodenmosaikfliesen sind Bestand. Die Ausstattung mit den Garderobehaken, vintage nachgekauft, sowie dem Klapptisch und der kleinen Lade an der Wand wurden ergänzt, um die Funktionen zu zeigen. Die Deckenleuchte, bestehend aus drei Lampions aus der Türkei, wurde restauriert.

 

Der Wohnraum


Der Wohnraum zeigt originales Mobiliar, die Kanadier, der Couchtisch sowie Leuchten aus dem Nachlass der Architektin, die hier als Leihgabe zu sehen sind.
Um den Raum in seiner ursprünglichen Qualität erfahrbar zu machen, wurden die Holzleisten zur Strukturierung der Wände wieder angebracht.

Der an der Rückwand eingebaute Bücherkasten wurde von der Nachmieterin hergestellt. Die ursprünglich vorhandene Kaminwand aus Klinkerplatten mit dem offenen Kamin und der darüberliegenden Nussholztäfelung ist nicht mehr vorhanden.

Der Esstisch wurde nachgebaut. Aus dem Nachlass der Architektin sind weiters zu sehen, die Sessel mit den grünen Bezügen und das Klapptischchen, das aus der Zeit in Frankfurt stammt (1927).
Die Loos-Leuchte über dem Tisch wurde von der Firma WOKA LAMPEN originalgetreu nachgebaut und gespendet.

Die Kücheneinrichtung und die Gestaltung der Durchreiche beim Esstisch sollen in einer nächsten Renovierungsphase wieder hergestellt werden.


 

Der Arbeits- und Schlafbereich


Die offene Raumgestaltung endet nun wieder mit dem wunderbaren Blick auf die Bettnische mit dem kirgisischen Wandbehang.
In diesem Bereich waren keinerlei Möbel mehr vorhanden. Auch der schräge Abschluss des Raumes für den Wandbehang fehlte. Die originalgetreue Planung der Gipkartonschräge und die Aufbringung des wertvollen Wandbehangs erforderte einigen Aufwand. Der Stoff wurde auf einem an der Wand angebrachten Molino Untergrund über Kopf mit viel Präzision von der Restauratorin aufgenäht.

Die Pläne für die Rekonstruktion der Möbel des Arbeits- und Schlafraumes wurden detailgetreu analysiert und neu gezeichnet.
Das Bücherregal war ein Produkt der dänischen Firma String Furniture. Dieses Regalsystem wird auch heute noch hergestellt und konnte wieder angekauft werden. Wie damals wurde es mit Sonderelementen, dem Schreibtisch und zwei Kästchen vom Tischler ergänzt.

Der Bezugsstoff des Sofabettes war ein tannengrüner Baumwollrip der Firma Backhausen. Diese Stoffqualität ist über die Jahre aus der Mode gekommen, und war nicht mehr erhältlich. Es wurde ein farbgleicher Stoff der Firma Kvadrat ausgewählt. Ähnlich schwierig war es die Vorhänge in dem passenden Gelbton und in der Optik Kunstseidenchintz zu finden. Sie sind neu von der Firma JAB und bringen die ursprüngliche Atmosphäre wieder in die Räume zurück.

Eine höhenverstellbare Wandleuchte, ursprünglich von der Firma Kalmar, wurde von der Firma Iris Leuchten nachgebaut.
  

Badezimmer und Schrankraum


Das Badezimmer ist unverändert original vorhanden in Ausstattung und Verfliesung. Bis auf kleine Erneuerungen, wie die der Armaturen, die im Laufe der Jahre erforderlich waren, blieb alles seit Margaretes Bezug gleich.
Vom Schlafraum kommend, stand vor dem großen Spiegel ein Frisiertisch und ein niederer Sessel.
Auf der linken Seite liegt der Schrankraum, wo sich die Garderobe Margarete Schütte-Lihotzkys befand und in den Regalen das Archiv der Architektin eingeordnet war.

 

Der Dachgarten


Die Terrasse, von Margarete Schütte-Lihotzky als Dachgarten bezeichnet, erstreckt sich über die ganze Länge der Wohnung. 
Die Instandsetzung der Markisen schuf einen wunderbaren Sonnenschutz und verstärkt das Raumgefühl des begrünten großzügigen Freiraums.
Eine vorhandene  Stahlkonstruktion konnte restauriert werden. Die zweite große Markise, von 6m Länge, um die gesamte Terrasse zu beschatten, wurde entsprechend nachgebaut.

Alle Pflanztröge wurden neu mit Rosen, Sommerflieder, Clematis bestückt, weitgehend wie früher grünt es auf der Terrasse. Die Pflanzen sorgen für ein angenehmes Kleinklima.